Montag, 21. November 2011

Tizennyolc

"Nem tetszik a rendszer", "Das System gefällt mir nicht", das sangen Studenten und Rentner, Familienväter und Supermarktverkäuferinnen gemeinsam bei der Riesendemonstration in Budapests Innenstadt am 23. Oktober, dem Nationalfeiertag Ungarns. Die politische Stimmung im Land scheint aufgewühlter und dynamischer denn je. Und die oppositionellen Kräfte vereinen sich mehr und mehr, bilden neue Facebook-Gruppen, Organisationen und sogar Parteien. Die Hoffnung vieler unzufriedener Ungarn heute: Die Abwahl der regierungsbildende FIDESZ bei den kommenden Wahlen im Frühjahr 2014 - jedenfalls, solange die aktuelle Führungsriege keinen neuen Coup landen, beispielsweise bei vorgezogenen Neuwahlen im nächsten Jahr (http://www.pesterlloyd.net/2011_15/15neuwahlen/15neuwahlen.html). Und ob Neuwahlen oder nicht, bis zum Ende des Jahres bleibt schließlich noch genug Zeit, die parteieigene Macht weiter zu zementieren, bei dem Tempo, mit dem Regierungsbeschlüsse im Puppentheater des Budapester Parlaments verabschiedet werden. Natürlich geschieht dies alles zum Wohle des ungarischen Volkes: um die Wirtschaft anzukurbeln und die Haushaltsverschuldung zu senken, um Kultur im klassischen Gewand zu zeigen und moderne Interpretationen durch traditionell-konservative und patriarchalische zu ersetzen (alles andere verwirrt doch nur), um die Straßen von den unschönen Obdachlosen zu säubern und die Roma schön weiter an den Rand der Gesellschaft zu verbannen, um unwahrer Berichterstattung vorzubeugen und ein einheitliches politisches Bild zu zeichnen. Warum sonst. Und hey, keiner kann Ministerpräsident Viktor Orbán eine Unlust zum Dialog vorwerfen, nun da Verhandlungen mit IWF und EU angedacht sind. Da kann man dem Downgrading schon mal "Viszontlátásra" (Auf Wiedersehen) sagen. Die Rettung naht, nicht wahr? Tatsächlich dürfen wir in der nahenden Weihnachtszeit das Endprodukt einer neuen Form der Demokratie in Ungarn bestaunen. Unermüdlich wurde an ihr gefeilt und gearbeitet, und nun begrüßt sie uns mit einem breiten Lächeln: die Scheindemokratie. Ist sie nicht hübsch, diese leere, transparente Hülle, in der ganz legal durchgedrückt, ignoriert, zensiert wird.
...
Wer sich für eine fundiertere Übersicht über den Stand der Dinge in Ungarn interessiert, dem empfehle ich das ORF Weltjournal: http://tvthek.orf.at/programs/1328-Weltjournal Und für alle Ungarischsprachigen ein Fernsehbeitrag über die Neubesetzung der Spitze des Budapester Új Színház (Neues Theater) mit zwei schillernden Persönlichkeiten, die den "entarteten" Kulturbetrieb wieder ins Reine bringen wollen: http://www.youtube.com/watch?v=6FVRjgvHAcM Zur Demonstration am 22.10.: http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10028&pk=718669&p=1 

Montag, 19. September 2011

Tizenhét

Wer sich für Ungarns kulturelle Identität aus der subjektiven, individuellen Sicht 50 junger ungarischer Künstler interessiert, möge sich folgenden Band zulegen: Magyarország szubjektív atlasza.

Tizenhat

Im Őrség in Westungarn, in dem Dorf Kerkafalva, Wochenende des 20. Augusts 2011.

:-*

Kurzer Ausflug nach Slovenien zur Grader Burg.

Grad, Slovenien, am Wochenende des 20. Augusts 2011.

Irgendwann in meinem Zimmer auf dem Erzsébet körút.

Juli 2011, im Sommerhäuschen meiner Schwägerin.

Tizenöt

Mein wunderschönes Jahr in Budapest ist tatsächlich zu Ende. Doch es gibt noch so viele Geschichten zu erzählen, Bilder zu zeigen, Geheimnisse zu verraten - überhaupt so viele Bande zu Ungarn zu pflegen, sodass dies garantiert nicht mein letzter Blogeintrag sein wird. Ich werde Ungarn weiter bereisen, vielleicht eines Tages sogar ganz zurückkehren. Denn trotz all dem, das ich dort nicht verstehe oder als problematisch empfinde, gibt es doch eine ganze Menge, das Ungarn und insbesondere Budapest wertvoll und liebenswert macht. Allein das traditionelle und zeitgenössische Kulturgut, die Sprache, die Küche, die Landschaft:
so viele tolle Ausstellungen, Clubs, Bars habe ich nie besucht,
so tolle Ausflüge habe ich nie unternommen,
so oft habe ich mich nie versprochen,
so lecker habe ich nie gegessen und getrunken,
so intensiv habe ich nie gelebt, gelitten, geliebt.
Also das muss ja schon was heißen.

Na, én már távozom... :o)

Dienstag, 19. Juli 2011

Tizennégy


Die Büste eines Piloten auf dem Hármashatárhegy.


Ob hier wohl noch Briefe ankommen?


Ungarische Tristesse bei einer Wanderung zum Budapester Berg Hármashatárhegy am 14. Juli.

Freitag, 18. März 2011

Tizenhárom


Sziasztok kedves olvasók!
Ich weiß, es ist nun wirklich viel zu lang her, dass ich geschrieben habe - immerhin habe ich zuletzt noch mit "Frohes neues Jahr!" gegrüßt. Jetzt versuche ich mit Vogelgezwitscher und sonnenerwärmter Haut zu grüßen – obwohl es draußen gerade regnet... Doch auch die nach-Winter- und pseudo-Frühlingszeit hat ihren Charme: Am Plattensee zum Beispiel ließ sich bis vor Kurzem noch das eingefrorene Ufer betreten. Mitte Januar flutete außerdem das winterliche Schmelzwasser einige tiefer gelegene Straßen entlang der Donau. Beim Joggen auf der Margareteninsel war das besonders gut erkennbar. Genau dieses Schmelzwasser, gepaart mit den Überflutungen, die im Februar ganz Ungarn heimsuchten, gefror auch östlich von Budapest zu einer dicken Eisfläche – ausgerechnet rund um Tiszabő, dem ärmsten Dorf Ungarns. Mancher kann sich hier nicht einmal mehr die Gasheizung leisten und muss zum mühseligen (und illegalen) Holzhacken in den Wald. Gemeinsam mit drei Kollegen von der Budapester Zeitung, einer meiner beiden Praktikumsstellen, haben wir Anfang Februar eine Reportagereise in das kleine Dorf unternommen, um uns von den Umständen vorort selbst ein Bild zu machen. In Tiszabő wohnen knapp 2.000 Seelen, beinah alle sind Roma, und sie sind zu 100 % arbeitslos. Es war ein toller, aber aufwühlender Ausflug. Dass Menschen mitten im Land der EU-Ratspräsidentschaft 2011 und nur etwas mehr als 100 km von Budapes entfernt in derartiger Armut leben, ist unbegreiflich. Und dass die Schule dort bald womöglich schließen muss, da das seit einer Flut der Theiß hochverschuldete Dorf die Lehrer und Schulmaterialien nicht mehr bezahlen kann, ist eine Schande. Umso mehr, da es sich bei den Einwohnern um die Minderheit handelt, die in regelmäßigen „Image-Reden“ der Regierung angeblich mit Bildung und Staatshilfe aus ihrer ausweglosen Situation herausgeholt werden soll. Wie aber soll die politische Führung eines Landes mit Schulden, die 77,5 % des Bruttoinlandsproduktes ausmachen, dem ärmsten Dorf Ungarns helfen? Alles, was in Tiszabő dringend gebraucht wird, kostet Geld. Alles, was benötigt wird, um den Roma in Ungarn aus ihren oft perspektivlosen Lebenssituationen zu helfen, kostet Geld. Jede Initiative, jede neue Tafel, jedes Stück Kreide. Und dabei ist Bő nur einer von vielen Orten, die nur so von Problemen überschüttet sind... Aber lest die ganze Geschichte doch selbst: http://www.budapester.hu/2011/03/wenn-einem-dorf-das-gas-abgedreht-wird/
Für die Bilder zum Text und einige Eindrücke von meinem aktuellen Leben hier in Budapest: Siehe unten!

Tizenkettő


Überfuteter und eingefrorener Weg über den Damm außerhalb Tiszabös.

Familie Turó aus Tiszabura in ihrem kleinen Haus (siehe Artikel)

Sportunterricht in Tiszabö - die meisten Kinder sind barfuß, sie haben kein Geld für Turnschuhe.

"Egyenlö eséllyel" - "mit gleichen Chancen" steht auf dem Plakat im Hintergrund: Provisorisches Klassenzimmer hinter Aufstellwänden im Kulturzentrum, dem aktuellen Ersatz für's Schulgebäude, in Tiszabura.

Haus in Tiszabura - einem der ärmsten Dörfer Ungarns. Trotz Schnee muss ein einfacher Vorhang als Haustür herhalten.

Fahrt nach Tiszabö - auf einer verrosteten, einspurigen Zugbrücke am 2. Februar 2011.

Sonntag, 16. Januar 2011

Tizennégy

"Kellemes karácsonyi ünnepeket" [frohe Weihnachten] und "Boldog újévet" [frohes neues Jahr] wünsche ich nachträglich, denn es ist ja tatsächlich schon Mitte Januar und der Herbst sowas von 2010. Hierzulande erwecken der mittlerweile schon geschmolzene Schnee, milde Temperaturen und etwas Sonnenschein die Hoffnung auf Frühling, der wird aber sicherlich noch etwas auf sich warten lassen. Macht aber nüscht, denn ich erinnere mich beispielweise auch gern an das weiße Normafa zurück. Normafa ist ein beliebter Ausflugsort in den Budaer Bergen und wird im Winter sogar zum Skifahren genutzt. Und wie mich Wikipedia gerade lehrte, hieß es früher "Viharbükk", was in etwa Sturmbuche (laut Wiki: Wetterbaum) bedeutet. Jedenfalls ist Normafa keine 30 Autominuten von der Pester Innenstadt entfernt und ein sauschönes Plätzchen. Bei meinem Besuch Anfang Dezember hatte ich sogar das große Glück, die Bäume mit einer Eisschicht umhüllt vorzufinden, was bei jedem Aneinanderschlagen der Äste einen dumpf klirrenden Klang erzeugte. So schöööön :o)
Mitte / Ende Dezember folgten dann nicht nur einige Prüfungen, sondern auch jede Menge Partys. Für die Ungarn ist das Semester zwar erst im Januar / Februar (Prüfungsmonate) zu Ende - die meisten Austauschstudenten verabschieden sich jedoch meist bereits am Jahresende. So geriet ich auch schon in einige dieser merkwürdigen Situationen, in denen ich mich quasi "für immer" von Leuten verabschieden musste, die nun in ihre Heimat zurückkehren - und es werden auch noch einige dieser Situationen folgen, leider :o( Ich selbst bereite ja gerade alles für ein weiteres Semester hier in Budapest vor: Die Anträge sind bereits abgeschickt, Praktika für die Semesterferien organisiert, Pläne gemacht. Meine Wohnung in Hildesheim ist auch bis Ende Juli zwischenvermietet, ich MUSS also hier bleiben ;o)
Nichts desto trotz war es natürlich auch schön, kurz vor Weihnachten für einen schnellen Besuch in Hildesheim zu gastieren. Endlich mal wieder alle zu sehen und zu merken, dass es immer noch "passt", ist ein echt gutes Gefühl. Auch, wenn die Bahn mir meine An- und Abreise unnötig verlängert hat (woher soll man denn auch wissen, dass im Winter Schnee fällt?!), hat's sich auf jeden Fall gelohnt! Genauso war die Zeit zu Hause natürlich auch sehr sehr schön. Familie, Katze und geiles Essen sind ja ohnehin einige der weltbesten Erfindungen :o) Ende Dezember ging's dann gemeinsam mit drei meiner Freunde zum Silvester-Feiern zurück nach Budapest. Die Party war natürlich feucht-fröhlich und sehr sehr gut. In den verbleibenden Tagen schauten wir uns dann noch einige Sightseeing-Stationen an - so das Parlament, den Heldenplatz, diverse Museen und das Széchenyi-Bad. War also alles super und ich glaube, ich habe erneut drei Leuten Budapest schmackhaft gemacht :o)
Nach einer kurzen Talfahrt, nachdem mein Besuch abgereist war (ich hatte plötzlich gaaar nichts zu tun), konnte ich mir zwei tolle Praktika bei einer deutschsprachigen Wochenzeitung und einem englischsprachigen, zweiwöchentlich erscheinenden Veranstaltungsblatt organisieren, die mich auch während dem Semester beschäftigen werden. Hier läuft also alles sehr gut - bei mir jedenfalls. Zu den politischen Aktionen hierzulande äußere ich mich jetzt lieber nicht, da kriege ich nur 'n roten Kopf von...

Tizenhárom


Markthalle an der Freiheitsbrücke



Im Parlament