Montag, 29. November 2010

Tizenkettő


Sziasztok!

Zum Jetzt: Der November war schön und entsprach so ziemlich dem Klischee des goldenen Herbstes: Viel Sonne, gelb-rote Blätter und hervorragend zu bewältigende Temperaturen. Da kam dann auch wieder die Lust am Joggen bei mir hervor - und die Margit Sziget eignet sich dafür bestens, da sie von so einer weichen Laufbahn umringt wird. In welchem Zustand die Insel momentan ist, muss ich noch testen - der Schnee, der sich vielerorts in Europa bereits gezeigt hat, hat am vergangenen Freitag nämlich auch Budapest erreicht. Da sitzt man nichtsahnend in einer Kneipe und das Erste, was passiert, wenn man rauskommt ist, dass man schön auf den Hintern fällt... Zunächst aber nochmal weg vom Winter und zurück zum Herbst: Praktischerweise hat sich dieser nämlich vor allen Dingen während zwei Ausflügen mit dem Sprachkurs in bester Form gezeigt. Am 12. November waren wir mit dem "Országismeret" (Landeskunde) -Kurs auf dem Újköztemető in Budapest. Das ist der Friedhof, wo auch Nagy Imre (ehem. Ministerpräsident und Nationalheld Ungarns) begraben liegt. Für das Ungarn der 40er und 50er Jahre war Nagy eine wichtige Figur, v.a. aber brachte er beim Volksaufstand 1956 die Demokratisierung des Landes voran, wofür er 1958 hingerichtet wurde. Erst 1989, nach der politischen Wende, wurde Nagy würdevoll begraben - auf dem Újköztemető in der Parzelle 301. Es war also natürlich ein Muss, da mal vorbeizuschauen.
Der Friedhof ist riesig, aber sehr schön. Im Bereich von Nagy Imres Grabstätte sind viele sogenannte Kopjafák aufgestellt. Diese beschnitzten, dicken "Holzspieße" ersetzen traditionell die heute üblichen Grabsteine. Die Schnitzereien haben besondere Bedeutungen und geben z.B. Auskunft darüber, ob ein Mann oder eine Frau, ein kluger Mensch oder ein Geizhals begraben liegt, wieviele Kinder die Person hatte und ob sie dort beerdigt liegt, wo sie geboren wurde. Die Kopjafák sind also sehr interessant und meiner Meinung nach viel schöner als normale Grabsteine.
Ähnlich vielsagend sind die Székely kapuk - eines dieser beschnitzten Holztore hab ich ebenfalls auf dem Friedhof fotografiert. Es zeigt den Kreislauf des Lebens, ist aber auf dem
Újköztemető vor allen Dingen ein Zeichen für den Nationalstolz der Ungarn (nicht negativ gemeint).
Sehr merkwürdig war übrigens folgendes: Auf einigen Grabsteinen auf dem Friedhof stand weniger darüber, wer hier liegt, sondern vielmehr, bis wann die Grabstätte gemietet ist und ab wann wieder dafür geblecht werden muss. Kaum zu glauben, oder?



Es gibt tatsächlich unglaublich viele Traditionen in Ungarn, Legenden, alte Kunstformen, Trachten. Das alles lässt sich auch im Freiluftmuseum "Skanzen" in Szentendre (etwas außerhalb Budapests) sehen. Die meisten der Gebäude dort, die aus dem 18. bis 20. Jahrhundert stammen, sind original und wurden von ihrem ursprünglichen Standort nach Szentendre gebracht und dort KOMPLETT wieder aufgebaut. Dort waren wir mit einer anderen Gruppe aus dem Sprachunterricht und unserer sehr netten Lehrerin. Zwar hab ich schon wieder den speziellen Namen für's Gästezimmer in den alten ungarischen Bauernhäusern vergessen - der Ausflug war aber trotzdem sehr nett :o)
Neben all diesen schönen Ausflügen und Erlebnissen hat total genervt: Der VIERTE Besuch bei der Gesundheits- und Finanzbehörde, wo ich meine Versicherungskarte (sogenannte TAJ-kártya) bekommen habe. Ich will nicht ins Detail gehen, nur so viel: Es nervt sooo sehr, wenn man sich bemüht, alle Unterlagen zu besorgen, nur um am Ende darauf zu kommen, dass alle Beamten in der Behörde Scheiße gelabert haben und deine Mühen umsonst waren. Achja, und mein liebes Ungarn ist keinesfalls unbürokratischer als Deutschland... So!
Jetzt ist aber alles geklärt und erledigt, ich bin gut versichert und darf mich legal hier aufhalten (auch wenn meine Adresse auf der lakcímkártya (Wohnortkarte) falsch ist...) ;o)
...
Und dann ist plötzlich alles ganz weiß! Und manche haben noch die Sommerreifen drauf und kommen die Steigung nicht hoch... :D
Es ist so schön - v.a. etwas außerhalb, wo der Schnee liegen bleibt. In der Innenstadt ist hingegen alles am schmelzen und man muss sich vor den tropfenden Häuserdächern in Acht nehmen. Und natürlich warm anziehen (wobei "erst" -1 Grad ist...). Aber als ich vorhin so in der Tram saß und aus dem Fenster schaute, konnte ich nicht anders als mir denken: Komisch, Budapest ist doch tatsächlich immer schön... Besonders großartig sind dann aber so Ausblicke wie vom Dobogó-kő - dem höchsten Punkt des Visegrader Gebirges, unweit von Budapest. Genauso gut ist der anschließende kurze Spaziergang durch den Wald dort oben, durch kleine Wegschluchten, die in dem 50cm hoch liegenden Schnee freigeschaufelt wurden. Und danach ein vor einem Holzhaus im Kessel zubereitetes Bohnengulasch. Und das alles mit lieben Menschen und guten, wasserfesten Stiefeln (bester Kauf seit langem) :o)

Ich bin hier also weiterhin gut aufgehoben und komme sogar langsam in (boah, ich hasse dieses Wort) Weihnachtsstimmung (sorry). So lang ist's ja nicht mehr und ich hab schon paar geile Geschenke ;o)
Ich freu mich auf jeden Fall, euch alle in Deutschland bald wiederzusehen!

Zum Abschluss noch ein Video (leider nur für Ungarisch-Sprechende), das ganz gut meinen Kampf mit der Sprache, den vielen Regeln und Ausnahmen in Worte packt: "Édes, Ékes Apanyelvünk"

Sok puszi!
Lisa

1 Kommentar:

  1. schnee schnee schnee... in hilde isses weiß! warte, ich schreib dir ne mail.

    AntwortenLöschen